Lehrveranstaltungen
Das IdGL bietet regelmäßig Lehrveranstaltungen an der Universität Tübingen und anderen Universitäten in den Bereichen Geschichte, Kultur, Politik und Literatur des südöstlichen Europas an. Die Lehrenden des Instituts vermitteln den Studierenden nicht nur theoretisches Wissen über den Raum und seine kulturelle, sprachliche und ethnische Vielfalt seit dem 18. Jahrhundert bis heute, sondern auch praktische Erfahrungen durch Exkursionen und Projekte mit Universitäten in Rumänien, Serbien, Kroatien und Ungarn. Das Lehrangebot des IdGL umfasst außerdem interdisziplinäre Summer/Spring Schools und Workshops für Studierende, Doktorand*innen und Stipendiat*innen“.
Sommersemester 2025
Dr. habil. Mathias Beer
28.-03.05.2025 (in Präsenz); 12.-30.05.2025 (online)
Istoria Minorităților Naționale / History of National Minorities.
Blockseminar für fortgeschrittene Studierende an der Lucian Blaga Universität Sibiu (Hermannstadt), Rumänien
Dr. Cristian Cercel, Prof. Dr. Reinhard Johler, PD Dr. Daniela Simon
Bukarest - Diversität (in) einer Großstadt
(Exkursions-)Seminar
Bukarest, die Hauptstadt Rumäniens, ist mit ihren rund 2 Millionen Einwohner*innen die achtgrößte Stadt der Europäischen Union. Oft als „Stadt der Gegensätze“ bezeichnet, ist Bukarest jedoch keineswegs eine einfach zugängliche, benutzerfreundliche oder malerische Idylle. Der als „Paris des Ostens“ bekannte Charme der Zwischenkriegszeit wurde durch die homogenisierende und großspurig ausgelegte Stadtplanung des Staatssozialismus überlagert – so lautet zumindest eine weit verbreitete, vereinfachte Ansicht. Doch Bukarest ist weit mehr als seine gängigen Stereotype. Vielschichtig, vielfältig, eklektisch, chaotisch, dynamisch und kontrastreich bietet die Stadt einen idealen Raum, um sich mit den unterschiedlichen Facetten urbaner Diversität auseinanderzusetzen – sowohl in historischen als auch in gegenwärtigen Kontexten.
Im Rahmen des Seminars sollen insbesondere sechs Themen vertieft behandelt werden: Diversität und Erinnerung, gesellschaftliche Diversität heute und die „neuen Minderheiten“, die „deutschen“ Spuren in Bukarest, Orte der Diversität wie Märkte, das Thema Essen und Diversität sowie Stadtplanung, Architektur und Diversität. Es handelt sich um ein interdisziplinär ausgerichtetes Seminar, das sich an Studierende der Geschichtswissenschaft sowie der Europäischen Kulturwissenschaft richtet. Die methodische Herangehensweise umfasst vorbereitende Sitzungen in Tübingen, die sowohl theoretische als auch inhaltliche Grundlagen vermitteln, sowie eine praxisorientierte Feldforschung („short cuts“) in Bukarest 16.-20.06.2025. Während der Exkursion werden verschiedene Methoden wie teilnehmende Beobachtung, Interviews sowie die Nutzung von Foto-, Video- und Audioaufnahmen angewandt, mit dem Ziel, ein digitales Format zu erstellen. Von den Studierenden wird interdisziplinäres Arbeiten, Eigeninitiative und eine aktive Beteiligung erwartet.
Prof. Dr. Reinhard Johler
Exkursionsseminar
Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik sind in der Gegenwart umstritten. Dieses Seminar knüpft mit einem Fallbeispiel direkt daran an: Das 1941 im annektierten Elsass errichtete Konzentrationslager Natzweiler-Struthof verwaltete ein Netz von etwa 70 Nebenlagern auf beiden Seiten des Rheins. Während die Geschichte des Hauptlagers und der Nebenlager (etwa in Tübinger Nähe die KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen) inzwischen gut erforscht sind, ist die von ihnen vorangetriebene Erinnerungskultur gerade im deutsch-französischen Vergleich noch wenig thematisiert worden. Dies soll nun im Seminar im Rahmen eines gemeinsamen deutsch-französischen Seminars angegangen und diskutiert werden. Die Lehrveranstaltung führt somit den langjährigen deutsch-französischen Austausch am LUI weiter.
In einem ersten Seminarteil wird in Tübingen die Geschichte des KZ Natzweiler-Struthof und seiner Nebenlager samt der mit ihnen verbundenen Erinnerungskultur besprochen. Ein zweiter Seminarteil findet als Exkursion vom 11. bis 14. Mai in Strasbourg statt. Dort wird ein ausführlicher Besuch im KZ Natzweiler-Struthof dazu genutzt, deutsche und französische Erinnerungskultur der Gegenwart vor Ort in gemischten Gruppen zu untersuchen. (Der Austausch in der deutsch-französischen Gruppe wird in Englisch vonstattengehen). Und in einem dritten Seminarteil werden wieder in Tübingen die Ergebnisse zusammengeführt.
Ziel des Seminars ist es, die Besonderheiten der französischen und deutschen Erinnerungskultur zu erkennen und so eine europäische Dimension der Erinnerungspolitik zu entwickeln.
Diversität. Theoretische Konzepte zur Vielfalt unserer Gesellschaft
Seminar
Diversity – also kulturelle Vielfalt – ist heutzutage nahezu omnipräsent: Von Diversität geprägt sind etwa unzählige Alltagssituationen genauso wie vielerorten inszenierte multikulturelle Feste. Und in Firmen, Universitäten, Stadtverwaltungen, Museen und Bibliotheken ist ein „Diversity Management“ sowieso längst alltäglich geworden. Es lohnt sich also, sich mit Diversity in unserer Gegenwart zu beschäftigen. Aber ebenso wichtig ist es, einschlägige wissenschaftliche Konzepte genauer kennen zu lernen. Denn: „Diversity is our Business“ hat vor einiger Zeit der schwedische Kulturanthropologe behauptet und damit auch die EKW (mit ihren Themen und Berufsfeldern) gemeint.
Im Seminar stehen daher Felder von Vielfalt/Diversität zum einen und theoretische Zugangsweisen zu diversity zum anderen im Vordergrund.
Seminar
Migration gehört wegen vieler Gründe zu den zentralen Themen der Gegenwart. Denn noch nie – so scheint es – waren so viele Menschen in Bewegung wie heute. Migrant*innen stoßen im Moment nicht selten auf Ablehnung und doch haben sie erheblich zur kulturellen Vielfalt im gegenwärtigen Europa beigetragen. Dies trifft besonders augenscheinlich auf das Essen zu: Ohne italienischen Wirt ist heutzutage kein schwäbisches Dorf mehr vorstellbar. Und der Döner – er verkörpert wie kein zweites Nahrungsmittel die deutsche Migrationsgeschichte – ist schon längst zum deutschen Alltagesessen geworden. Im alltagsgeschichtlich orientierten Seminar wird in Fallbeispielen dieser Verbindung von Migration und Essen nachgegangen. Dabei sollen in kleinen Feldforschungen Gasthäuser (deren Geschichte, Essen, Ausstattung, Gäste) untersucht und in einer abschließenden Präsentation vorgestellt werden.
Prof. Dr. Reinhard Johler und PD Dr. Daniela Simon
Interdisziplinität und Internationalität der Empirischen Kulturwissenschaft in Tübingen
Kolloquium
Die rasch zunehmende Komplexität der Welt fordert Wissenschaft als Ganzes massiv heraus. Dies führt zu erheblichen Veränderungen in der Wissenschaftslandschaft – und zwar in den Geisteswissenschaften ebenso wie in den Naturwissenschaften: Klassische Disziplinen verändern sich gerade radikal, neue werden mit großen Hoffnungen begründet. In dieser rasanten Entwicklung muss auch die Empirische Kulturwissenschaft ihren Platz gerade neu bestimmen.
Dabei ist Empirische Kulturwissenschaft 1971 in Tübingen selbst als Modernisierungsprojekt entstanden. Sie hat die alte Volkskunde – also das Fach, das sich ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert langsam akademisch etablieren konnte – radikal abgelöst und mit ihren neuen Theorien, Methoden, Fragestellungen und Themen einen innovativen Weg in die Gegenwart gefunden.
Von Beginn an aber war klar, dass diese Empirische Kulturwissenschaft größere gemeinsame Schnittmengen mit anderen Fächern (wie etwa der Soziologie, der Ethnologie, der Geschichtswissenschaft u.a.) teilte – Interdisziplinarität also für sie selbstverständlich sein musste. Und ebenso klar war und ist, dass Empirische Kulturwissenschaft in Forschung und Lehre einen hohen Grad an Internationalität haben muss.
Beides – die Interdisziplinarität und die Internationalität der Empirischen Kulturwissenschaft – steht mit gutem Grund daher im Zentrum dieses Institutskolloquiums. Dabei soll in Vorträgen besprochen und gemeinsam diskutiert werden, wie zum einen Interdisziplinarität in größeren Projekten und Forschungsverbünden funktioniert (und welche Rolle dort EKW spielt)? Und zum anderen wird besprochen, wo und aus welchen Gründen Empirische Kulturwissenschaft international vernetzt ist (oder sein soll)?
Studierende sind herzlich dazu eingeladen, ihre interdisziplinären (sei’s in ihrem Haupt- oder Nebenfach) und internationalen Erfahrungen (etwa im Rahmen eines Erasmus-Aufenthalts oder eines CIVIS-Seminars) in das Institutskolloquium einzubringen.Die rasch zunehmende Komplexität der Welt fordert Wissenschaft als Ganzes massiv heraus. Dies führt zu erheblichen Veränderungen in der Wissenschaftslandschaft – und zwar in den Geisteswissenschaften ebenso wie in den Naturwissenschaften: Klassische Disziplinen verändern sich gerade radikal, neue werden mit großen Hoffnungen begründet. In dieser rasanten Entwicklung muss auch die Empirische Kulturwissenschaft ihren Platz gerade neu bestimmen.
Dabei ist Empirische Kulturwissenschaft 1971 in Tübingen selbst als Modernisierungsprojekt entstanden. Sie hat die alte Volkskunde – also das Fach, das sich ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert langsam akademisch etablieren konnte – radikal abgelöst und mit ihren neuen Theorien, Methoden, Fragestellungen und Themen einen innovativen Weg in die Gegenwart gefunden.
Von Beginn an aber war klar, dass diese Empirische Kulturwissenschaft größere gemeinsame Schnittmengen mit anderen Fächern (wie etwa der Soziologie, der Ethnologie, der Geschichtswissenschaft u.a.) teilte – Interdisziplinarität also für sie selbstverständlich sein musste. Und ebenso klar war und ist, dass Empirische Kulturwissenschaft in Forschung und Lehre einen hohen Grad an Internationalität haben muss.
Beides – die Interdisziplinarität und die Internationalität der Empirischen Kulturwissenschaft – steht mit gutem Grund daher im Zentrum dieses Institutskolloquiums. Dabei soll in Vorträgen besprochen und gemeinsam diskutiert werden, wie zum einen Interdisziplinarität in größeren Projekten und Forschungsverbünden funktioniert (und welche Rolle dort EKW spielt)? Und zum anderen wird besprochen, wo und aus welchen Gründen Empirische Kulturwissenschaft international vernetzt ist (oder sein soll)?
PD Dr. Daniela Simon
Nationsbildung und Nationalismus in Südosteuropa 1848-1945
Vorlesung
Der Zeitraum zwischen 1848 und 1945 war eine Phase intensiver Konflikte und Transformationen in Südosteuropa. Die Revolutionen von 1848 markierten den Beginn politischer Mobilisierung, wobei nationale Bestrebungen innerhalb der Habsburgermonarchie aufeinanderprallten. Ungarische Forderungen nach Eigenstaatlichkeit standen kroatischen, serbischen und rumänischen Schutzbedürfnissen entgegen. Der Nationalismus wurde zur zentralen Ideologie und prägte die Staatsbildung. Während ungarische Magyarisierungspolitik ethnische Minderheiten integrieren wollte, suchten Kroaten und Serben nach einem südslawischen Staat. Der Erste Weltkrieg brachte den Zerfall der Vielvölkerreiche, neue Staaten wie Jugoslawien entstanden, doch die Integration ethnischer Gruppen blieb problematisch. In der Zwischenkriegszeit verstärkten wirtschaftliche Krisen autoritäre und nationalistische Tendenzen. Der Revisionismus spielte dabei eine zentrale Rolle, insbesondere in Ungarn, das den Vertrag von Trianon revidieren und verlorenes Territorium zurückgewinnen wollte. Rumänien, Ungarn und Bulgarien erlebten faschistische Bewegungen, während Jugoslawien von kroatischem Separatismus und serbischem Zentralismus bedroht wurde. Nationalismus diente oft dazu, interne Spannungen zu kaschieren, etwa indem ethnische Minderheiten für wirtschaftliche Probleme oder politische Instabilität verantwortlich gemacht wurden. Im Zweiten Weltkrieg nutzten Besatzer und Widerstandsbewegungen Nationalismus zur Mobilisierung. Unter der Besatzung während des Zweiten Weltkriegs kam es in Südosteuropa zu zahlreichen Verbrechen, einschließlich Völkermord und ethnischer Säuberungen, die von den nationalsozialistischen Besatzern und kollaborierenden Regimen begangen wurden. Gleichzeitig strebten Titos Partisanen eine südslawische Einheit an. Nationalismus war dabei sowohl Instrument der Unterdrückung als auch des Widerstands. Insgesamt schuf der Nationalismus neue Nationalstaaten und mobilisierte Millionen, hinterließ aber auch tiefe Konflikte und Gewalt. Selbstbestimmung und nationale Einheit wurden oft durch exklusive und aggressive Politik untergraben. Dieser Zeitraum zeigt die Ambivalenz des Nationalismus: Motor des Fortschritts und Quelle von Zerstörung. Der Nationalismus blieb auch nach 1945 äußerst relevant für Südosteuropa und gewinnt in der Gegenwart global wieder an Geltung. Ziel der Vorlesung ist es, die historischen Wurzeln und langfristigen Folgen des Nationalismus in Südosteuropa zu analysieren.
Dr. Olivia Spiridon
Hauptseminar
So wie das Interesse für Kafka die Aufmerksamkeit auf Prag lenkt, so führt die Auseinandersetzung mit Paul Celan oder Rose Ausländer, die zu den bedeutendsten deutschsprachigen lyrischen Stimmen des 20. Jahrhunderts gehören, in die Bukowina und nach Czernowitz.
In der Bukowina, dem östlichsten Kronland der Habsburgermonarchie, lebten elf Nationalitäten, die sich zu neun religiösen Konfessionen bekannten. Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Region Rumänien zugesprochen und während des Zweiten Weltkriegs wurde sie zwischen 1939 und 1944 abwechselnd von der Sowjetunion und den alliierten Staaten Deutschland und Rumänien besetzt. Der Krieg hatte zur Folge, dass die Bukowina und die Hauptstadt Czernowitz mit ihrer ethnischen und kulturellen Vielfalt zerstört waren und ein Großteil der Bevölkerung – von der fast die Hälfte jüdischer Herkunft – vertrieben und ermordet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die nördliche Bukowina Teil der Sowjetunion und heute ist sie Teil der Ukraine.
Im Seminar werden Schwerpunkte u.a. auf die lyrischen Werke von Alfred Margul-Sperber (1898-1967), Rose Ausländer (1901-1988), Moses Rosenkranz (1904—2003), Alfred Kittner (1906-1991), Paul Celan (1920-1970), Immanuel Weißglas (1920-1979) und Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942) gesetzt. In ihrer Dichtung überlappen sich Schicksalsextreme mit einer einzigartigen poetischen Innovationskraft, ihre Texte schreiben an der Verlustgeschichte dieser Region und am „Mythos Czernowitz“ mit, sie begleiten imaginäre Rückkehrreisen aus dem Exil in eine versunkene Landschaft, „in der Menschen und Bücher lebten“ (Paul Celan).
Einen zentralen Platz im Seminar nehmen Textinterpretationen und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kontexten ein, wie literarische Strömungen, Gruppierungen und Netzwerke, kulturhistorische Hintergründe sowie Stationen der Migration, die für diese transnationalen Biografien von Relevanz sind.
Wintersemester 2024/25
Dr. Cristian Cercel
Ethnicity and nationalism
(Exkursions-)Seminar
The seminar provides an introduction to various approaches to the study of ethnicity and nationalism. We discuss theories about the emergence and persistence of national identities and about the relationship between ethnicity and nationalism, we elaborate on how ethnic categories and national identities are (re)produced, and we look into contemporary manifestations of ethnicity and nationalism, against the background of globalization and its presumed post-national features. The sessions will mainly focus on Europe, but cases from outside Europe will also be brought to the fore, for example when discussing migration, diasporic identities, or the distinction between civic and ethnic nationalism.
apl. Prof. Dr. Márta Fata
Ungarn von Mohács bis Trianon
Hauptseminar
Das Hauptseminar beschäftigt sich mit der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung Ungarns zwischen 1526 und 1920. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach Selbstbehauptung und Fremdbestimmung sowie nach den konfessionell und ethnopolitisch geprägten inneren Spaltungen der Länder und Völker der ungarischen Krone.
PD Dr. Daniela Simon und Dr. Olivia Spiridon
Kriegshandlungen im Südosteuropa des 20. Jahrhunderts. Perspektiven aus Geschichtsschreibung und fiktionaler Literatur
Semesterkurs
Die Wahrnehmung der kriegerischen Konflikte im 20. Jahrhundert richtete sich häufig auf die Hauptschauplätze der beiden Weltkriege, während die Länder Südosteuropas oft ein wenig beachteter Nebenschauplatz blieben. Dabei erfuhr die staatliche Ordnung dieser Region größte Umwälzungen und Transformationen. Nach den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg wurde der SHS-Staat, das spätere Jugoslawien ins Leben gerufen, Ungarn verlor etwa zwei Drittel seines Staatsgebietes, Rumänien gewann neue Provinzen hinzu. Auch der Zweite Weltkrieg wurde in den einzelnen Ländern unterschiedlich erlebt: als Verbündete des nationalsozialistischen Deutschlands oder als besetzte Gebiete, in manchen Regionen wurde der Zweite Weltkrieg von einem Bürgerkrieg überlagert, in anderen kam es zu Frontwechsel auf die Seite der Sowjetunion. Auch im Rahmen des sogenannten „Ostblocks“ nahm die Region mit parallelen und widerläufigen Entwicklungen keine einheitliche Gestalt an, und nach dessen Zerfall erlebten die Menschen – Stichwort Jugoslawienkriege, postkommunistische und posttotalitäre Gesellschaften – eine dramatische Zeit.
Besonders spannend ist diese Region unter dem Gesichtspunkt ihrer kulturellen Vielfalt, die im vergangenen Jahrhundert durch die Neuordnung der Großregion, durch Migrationen und Konstellationen von politischer Eiszeit und Liberalisierung in ständiger Bewegung war. Zur Diversität Südosteuropas haben auch die deutschsprachigen Minderheiten beigetragen. Aus ihren Reihen gingen Autoren hervor, die Kriege und Gesellschaften im Kriegszustand literarisch verarbeiteten. Darüber hinaus entstand im Zuge der Migrationsbewegungen, die etwa während des Zweiten Weltkriegs und der Jugoslawienkriege zunahmen, eine beachtenswerte deutschsprachige Literatur von Migrantinnen und Migranten, die Phänomene der Transkulturalität und Hybridität sichtbar macht.
Im Mittelpunkt des interdisziplinären Seminars stehen Kriegshandlungen und ihre komplexen Kontexte, die aus der Perspektive der Geschichts- und Literaturwissenschaft beleuchtet werden sollen. Ziel ist die Auseinandersetzung mit Ereignisgeschichte, aber auch mit der Narration als Vermittlerin von Vergangenheit im historischen und literarischen Code.